Schmierer auf Kühlschiffen und Schiffsbetriebsmeister auf Tankern weltweit
Wolfgang Schwuchow wurde am 26.05.1945 in Winzer, Niederbayern geboren. Er berichtet:
Aufgewachsen bin ich in Hof im zu Bayern gehörigen Regierungsbezirk Oberfranken.
Schon während meiner Schulzeit stand für mich fest: Ich fahre eines Tages zur See. Nach meiner Schulzeit musste ich - auf Wunsch meiner Eltern - zuerst einen Beruf erlernen.
Nach Beendigung meiner Lehrzeit und Ablegung der Facharbeiterprüfung als Dreher kündigte ich in meiner Lehrfirma, arbeitete ein Jahr lang bei einer Baufirma und verdiente mir das erforderliche Geld, um nach Hamburg fahren zu können.
Damals wurde man erst mit 21 Jahren volljährig, und man brauchte somit das Einverständnis der Eltern. Auch ein amtliches Führungszeugnis musste ich mir beschaffen.
Ende Juli 1965 war es endlich soweit, ich fuhr nach Hamburg, und nach ca. einer Woche bekam ich mein erstes Schiff vermittelt, und am 3. August 1965 wurde mir durch das Seemannsamt Hamburg mein erstes Seefahrtbuch mit der Nummer 4387/65 ausgestellt.
Eigentlich wollte ich nur für etwa drei Jahre zur See fahren, es wurden aber fast 22 Jahre daraus.
Am 18. September 1986 musterte ich ab und ging in Urlaub. Ich wusste damals noch nicht, dass es für immer sein würde.
Als ich meine Kündigung bekam, war ich nicht traurig darüber. Ich hatte 1985 im Alter von
39 Jahren geheiratet und bekam im Juli 1985 eine kleine Tochter. Wenn ich damals weiter zur See gefahren wäre, hätte ich sicherlich die Entwicklung meines Kindes nicht miterleben dürfen, und mir würde wohl für mein Leben diese Erfahrung fehlen.
Meine Frau lernte ich am 17. Mai 1981 bei einem Einsatz auf der ELONA kennen. Sie war ein Bootsflüchtling aus Vietnam.
Berufsunfähig wegen meines Unfalls auf LIOTINA, bin ich seit 1.08.1986 Rentner.
Am 3. August 1965 betrat ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Seeschiff und verweilte über drei Jahre mit kurzen Unterbrechungen darauf. Das Motorschiff GEMMA war mein erstes Schiff:
In der großen Fahrt fuhr ich auf diesem Schiff als Schmierer ab Rotterdam vom 3.08.1965 bis zum 24.08.1967: 24 Monate und 22 Tage, Abmusterung in Hamburg,
weitervom 11.10.1967 bis zum 26.06.1968: 8 Monate, 16 Tage,
und noch einmalvom 28.08.1968(Anmusterung in Bremen) bis zum 25.11.1968: 2 Monate, 29 Tage(Abmusterung inHamburg).
Die GEMMA nahm Ladung in Europa auf und fuhr damit nach Kanada und die Großen Seen bis Chicago. Im Winter, wenn die Großen Seen zufroren, fuhr das Schiff in Charter in die Karibik, Mittel-Amerika-Ostküste und durch den Panamakanal zur Westküste bis Corinto in Nicaragua und hoch nach Mexiko. Nach meiner letzten Reise fuhr das Schiff in den Persischen Golf. Dort zog mich nichts hin und deswegen habe ich abgemustert.
Ich hatte eine Kammer achtern im „Hotel zur Schraube“ auf der Steuerbordseite. Einmal nach dem Auslaufen aus Hamburg hatte ich vergessen, mein Bullauge zu schließen. Kurz nach „Elbe 1“ und einem Kurswechsel hatte ich einen Brecher in der Kammer. Ich stand bis zum Bauch im Wasser, bis ich das Bullauge geschlossen hatte. Anschließend öffnete ich meine Kammertür und ließ das Wasser in den Gang laufen, danach schloss ich meine Tür wieder. Da das Schiff ordentlich schaukelte, hatten alle Kollegen Wasser in den Kammern. Es wurde ordentlich geschimpft über den Idioten, der diesen Wassereinbruch verursacht hatte. Ich habe mich ziemlich still verhalten und keiner hat gemerkt, dass ich dieser Idiot war.
Ich musste ständig hinter dem Chief als sein persönlicher Handlanger herdackeln. Da seine Unterhose ständig nach unten rutschte, machte er immer einige Verrenkungen und zog sie mit seinem Kesselpäckchen wieder hoch. Im Unterbewusstsein machte ich es ihm nach einiger Zeit nach. Mir selber ist dies gar nicht aufgefallen, erst als man mich darauf aufmerksam machte.
Der Chief, ein kleiner älterer Herr, hatte die Angewohnheit, alles wegzuräumen, was ihm in den Weg kam. Arbeitete man in der Bilge und legte sein Werkzeug auf die Flurplatten, so war es augenblicklich verschwunden und hing wieder an der Werkzeugtafel.
Am Wochenende war Flurplattenreinigen angesagt. Der Chief mit Drahtschrubber, Dose mit Petroleum und Rappeltuch vorneweg, danach Storekeeper, Schmierer und Reiniger hinterher, immer um die Hauptmaschine herum von Station zu Station.
Eines Tages in Detroit kauften wir in einem Supermarkt ein. Mit dem vollen Einkaufswagen fuhren wir zur nächsten Kneipe. Ich hatte anschließend um 20 Uhr Maschinenwache und nahm diesen Einkaufswagen mit an Bord. Wie hat sich der Chief am nächsten Tag gefreut! Nun konnte er seine Rappeltücher, Petroleumdose, Putzwolle usw. um die Hauptmaschine fahren. Als auf der Rückreise von Chicago dann 3 Einkaufswagen im Maschinenraum standen, hat er wohl gemerkt, dass wir ihn verarschten und die Einkaufswagen wurden außenbords geworfen.
Der Maschinengeiger: Ein Reiniger hatte in Bremen Nachtwache. Unser verwitweter Funker hatte eine neue Partnerin gefunden und wollte ihr nun das Schiff und auch den Maschinenraum zeigen. Wie es sich gehört, gingen beide die Treppe rückwärts hinunter. Der Funker, der als erster die Treppe hinunterstieg, sah von der Mittelstation in die untere Station. Dort saß unser Reiniger auf einem Tisch, in derlinken Hand ein Pornoheft und mit der rechten Hand onanierte er, wie der Funker unmissverständlich sehen konnte. Diesen Anblick wollte unser Funker seinerLebensgefährtin ersparen, schob sie von hinten wieder die Treppe hoch und behauptete, im unteren Teil des Maschinenraumes wäre es zu schmutzig. Sie hatte jedoch mitbekommen, was dort unten vor sich gegangen war. Somit hatte unser Reiniger den Namen „Maschinengeiger“ weg. - Derweil hatte in seiner Kammer seine Braut im Bett gelegen!
Auf einer Reise nach Chicago lagen wir im Calumet River. Der Rest der Ladung war gelöscht und für die Rückreise nach Europa Sojaschrot und Getreide geladen. Das Schiff lag direkt unter dem Calumet Skyway an den Getreidesilos. Am späten Nachmittag sollten wir auslaufen. Ich hatte Tagesdienst und die Arbeitszeit beendet, stand auf dem Poopdeck und trank mein Feierabendbier. Die Schlepper waren am Schiff befestigt und die Leinen losgeworfen. Der erste Schlepper wollte gerade unter den hochgezogenen Eisenbahnbrücken durchfahren, als an einer Brücke die Stahlseile rissen und diese sich im Calumet River verkeilte. Wir hatten unheimliches Glück gehabt, sowohl die Schlepperbesatzung und auch wir auf unserem Schiff. Anschließend machten wir wieder an unserem alten Liegeplatz fest, denn der River war versperrt. Erst nach 10 Tagen konnten wir Chicago verlassen.
Nach der Abmusterung von der GEMMA verbrachte ich einige Tage in Hamburg auf St. Pauli und versoff dort meine Restheuer. Da ich ein neues Schiff brauchte, ging ich zum Heuerstall und bekam auch sofort eine Fahrkarte nach Bremen, wo ich auf der LÜTJENBURG Auf der Fahrt nach Bremen am 4.12.1968 wäre ich in meinem Suff sicherlich bis ins Rheinland weitergefahren, wenn mich der Schaffner nicht geweckt hätte. Als ich an der Pier mit dem Taxi vorfuhr und den Aria-Geier (Reederei des Schahs von Persien) im Schornstein sah, hätte es mich bald umgehauen. Von der GEMMA bin ich abgemustert, weil das Schiff in Charter in den Persischen Golf fahren sollte, und hier musste ich leider mitfahren, weil ich keine Kohlen mehr hatte.
Motorschiff LÜTJENBURG, Reederei Harald Schuldt, Hamburg,
Unterscheidungssignal: DDPD - als Motorenwärter: angemustert in Bremen am 4.12.1968 bis 5.04.1969, abgemustert in Hamburg.
Das Schiff lag wegen der Tide unterhalb der Pier. Ich fiel fast die Gangway herunter und genau dem 2. Ingenieur vor die Füße und habe dabei sicherlich keinen guten Eindruck gemacht. Er brachte mich jedenfalls in eine Kabine, und ich konnte meinen Rausch ausschlafen. Ca. zwei Stunden später kam mein Kollege, der eigentlich mit mir mitfahren sollte, an Bord, er fiel ebenfalls in seinem Suff die Gangway herunter, diesmal aber dem Chief vor die Füße. Er wurde ebenfalls zu mir in die Kabine befördert. Die Reise um Afrika herum verlief recht eintönig. Am Äquator wurde ich getauft und erhielt den Namen „Kabeljau“.
Im Persischen Golf, nach dem Auslaufen aus Basra kam uns die alte GEMMA, mein erstes Schiff, entgegen. Der Chief, „Vater Behnel“, winkte herüber, als er mich und den Storekeeper der auch auf der GEMMA gefahren war, an der Reling stehen sah. Nach dem Verlassen des Persischen Golfes war unser erster Hafen Abidjan an der Elfenbeinküste. Dort luden wir Holz für Europa.
Kurz vor dem Einlaufen in die Elbe hatten wir noch ein Ramming mit einem anderen Schiff im dichten Nebel. Unser Schiff war zwar etwas verbeult, aber wir konnten unsere Fahrt nach Hamburg fortsetzen und kamen am späten Abend dort an. Das andere Schiff musste einen Schlepper anfordern. In Hamburg verließ ich nach einer Reise von 4 Monaten und 3 Tagen dieses Schiff, denn es wurde an Reederei Schmidt in Lübeck verkauft.
Unterscheidungssignal: DGPR, 3275 Bruttoregistertonnen – gemustert als Motorenwärter in Hamburg am 30.05.1969 bis 5.09.1970, abgemustert in La Ceiba.
Auf diesem Schiff machte ich eine Reise von 15 Monaten und 6 Tagen und stieg am 5.09.1970 in La Ceiba in Honduras aus. Da die BRUNSRODE zu dieser Zeit nur in der Karibik verkehrte, sollte ich mit einem Reedereischiff, der BRUNSECK, die einige Tage später kam, nach Europa mitfahren.
MS BRUNSECK, Rufzeichen: DNGE, 4.750 BRT, Reederei W. Bruns & Co, Heimathafen Hamburg, als Motorenwärter vom 15.09.1970 bis 30.09.1970.
Am 10.09.1970 lief die BRUNSECK in La Ceiba ein. Ich ging aber nicht gleich an Bord, sondern passte erst einmal die ersten Landgänger ab. Sie erzählten mir, dass man an Bord dabei war, einen Kolben zu ziehen. Um dabei mitzuhelfen, hatte ich absolut keine Lust, denn auf der BRUNDRODE hatte ich in den 15 Monaten genug Kolben ziehen müssen.
Ich trank also mit meinen zukünftigen Kollegen etliche Bierchen und „Cubanische Freiheiten“ und ging anschließend ins Hotel zurück. Am nächsten Tag um die Mittagszeit ging ich an Bord und traf einen alten Bekannten, den Bootsmann, wieder. Mit ihm trank ich erst einmal einige Pullen Bier in der Laube neben der Bar. Als dieser weggerufen wurde, übermannte mich der Schlaf, und ich machte ein Nickerchen. In diesem Zustand fand mich der Alte vor und verpasste mir sofort einen Alkoholstopp. Ich lachte nur darüber und sagte zu ihm, er könne mich mal, ließ ihn stehen und ging wieder von Bord ins Hotel. Am 15.09.1970 holte mich dann der Agent vom Hotel ab und brachte mich an Bord zum Kapitän. Dieser sagte mir statt einer Begrüßung: „Alkoholstopp!“ Ich hatte den Eindruck, dass er selbst soff und seine Birne schon etwas matschig war. Ich sollte mit Kühlwache gehen. Als der 2. Ing. von meinem Alkoholstopp hörte, holte er erst einmal eine Kiste Holsten in die Werkstatt. Ich hatte jedenfalls die ganze Überreise mein Bier. In Hamburg bin ich ausgestiegen und machte erst einmal Urlaub.
Als mein Urlaub zu Ende ging, erkundigte ich mich bei der Reederei, wann die BRUNSRODE nach Europa kommen würde. Ich hatte Glück, dass sie wieder Anfang Februar in Hamburg war.
Ende Januar fuhr ich nach Hamburg, meldete mich bei der Reederei und machte während der Wartezeit auf einigen Schiffen Hafenvertretung für meine Kollegen.
Bei einer Sauftour über den Kiez wurde mir mein Seefahrtbuch geklaut, und ich hatte dadurch etliche Laufereien, bis mir ein neues ausgestellt wurde. Das gestohlene Seefahrtbuch bekam ich 1978 durch das Bundeskriminalamt zurück.
Ich wollte unbedingt wieder mit der BRUNSRODE mitfahren. Der Chief, die Besatzung und das Fahrtgebiet waren in Ordnung. Die meisten der Besatzungsmitglieder fuhren seit der Indienststellung 1969 immer wieder auf diesem Schiff. Die BRUNSRODE war auch für mich in meiner ganzen Seefahrtzeit das einzige Schiff, auf dem ich mich sehr wohl gefühlt habe und immer gerne zurück gekommen bin. Auf dem Kühlschiff BRUNSRODEfuhr ich dann als Motorenwärter wieder vom 15.09.1972 bis zum 26.04.1973: 7 Monate, 12 Tage und vom 20.09.1973 bis zum 20.04.1974. Bei der Reederei Bruns war ich fast fünf Jahre lang - mit Unterbrechungen - immer auf dem selben Schiff tätig.
Auf einer Reise nach New York brachte unser Koch einen Hund aus dem Tierasyl mit Impfpass etc. mit an Bord. Wir tauften ihn „Willi“, nach unserem Brötchengeber. Unser Kapitän, der ein Waffennarr war und auf einer Reise in die Staaten eine „Winchester“ erworben hatte, ging eines Tages in Honduras mit unserem Willi und einigen Angestellten der Agentur auf die Jagd. Nach dem ersten Büchsenknall verkroch sich unser Willi im Gebüsch, er konnte keine lauten Geräusche vertragen. Dies war dann sein erster und letzter Ausflug in die Wildnis. Willi fraß am liebsten süße Sachen, wie Schokolade oder Zucker, an Kronenkorken knabberte er herum oder auch an Putzwolle. Fleisch und Knochen mochte er nicht so gerne. Einmal beobachtete ich ihn auf der 20-24 Uhr Wache, wie er auf einem Stuhl stand, zwei Pfoten auf dem Tisch und mit der Schnauze im Zuckertopf. Ein anderes mal überraschte ich ihn, wie er einige „Berliner“ von der Anrichte holte, sie unter diese schob und sie dann dort aufgefressen hat.
Auf einer Reise fuhr ein Ehepaar mit seinen Kindern als Passagiere von den Staaten nach Port Limon, Costa Rica. Den Kindern wurde unser Willi ein Spielgefährte, und so ging er in Port Limon mit ihnen von Bord und lebte anschließend auf einer Finca in den Bergen von Costa Rica.
Damals waren wir für „Standard Fruit“ verchartert und holten Bananen aus Costa Rica oder Honduras und löschten diese entweder in Gulfport - Mississippi, Galveston - Texas oder New York. In Gulfport kamen einmal die hohen Herrschaften des Konzerns an Bord, um eine Party im Salon zu feiern. Es war Winterzeit und die Klimaanlage abgeschaltet, weil uns die normale Belüftung ausreichte. Als es den Damen und Herren beim Tanzen und Saufen zu warm wurde, sollte der Chief die Klimaanlage in Betrieb setzen. Dieser fühlte sich aber in seiner Ruhe gestört, er ging von Kammer zu Kammer der Mannschaft und bat uns, die Lüftung zu schließen und uns mit einer extra Wolldecke zuzudecken. Anschließend ging er in den Maschinenraum und setzte die Ladungskühlanlage in Betrieb und verband diese mit der Bordklimaanlage. Danach ging er in seine Kammer zurück und schloss sich ein. Auf das Klingeln des Telefons reagierte er nicht. Nach ca. zwei Stunden war die Party beendet. Den Damen wurde es etwas zu kühl in ihren leichten Tanzkleidchen, als aus der Klimaanlage kalter weißer Dampf entströmte.
Mit meinem Freund Manfred Weidlich (Siehe Band 1 „Seemannsschicksale“) bewohnte ich die ganze Zeit, die ich an Bord verweilte, die selbe Kammer. Er war ein sehr angenehmer Zeitgenosse, ein guter Freund und Kamerad. Manche Leute meinten sogar, wir könnten Brüder sein. Bei unseren Landgängen erlebten wir gemeinsam so manches amouröse Abenteuer. Besonders die Landgänge in Port Limon – Costa Rica, hatten es uns angetan. Er ist heute mit einer Einheimischen verheiratet und lebt hoch oben in den Bergen von Costa Rica.
Der Chief mochte mich wohl, denn er wartete immer, bis ich mit meiner Arbeit fertig war, dann ging er mit mir an Land, und ich musste aus dem Puff das dürrste Weib herausholen, mit dem er dann in ein Hotel ging. Er brauchte wohl den Gegensatz, denn zu Hause hatte er eine etwas korpulente Ehefrau. Da wir manchmal zweimal in der Woche in Port Limon einliefen, hatten die meisten von uns immer die gleichen Bräute, die schon an der Pier auf uns warteten.
In Puerto Cortez / Honduras hatten wir natürlich auch unsere festen Bräute. Als wir einmal nach La Ceiba / Honduras fuhren, orderte unser Funker per Telegramm unsere Damen dorthin. Die Telegramme wurden an die jeweiligen Bars geschickt, wo unsere Damen arbeiteten. 12 Mädchen hatten wir bestellt und 20 kamen an Bord. In Puerto Cortez war man sauer, weil die hübschesten Mädchen zu uns gereist waren, und in La Ceiba waren die Damen sauer, weil sie kein Geschäft machen konnten, da wir an Bord geblieben waren. Eine Woche später waren wir wieder im ca. 1000 Kilometer entfernten Port Limon, dort fragte mich meine Dauerfreundin Mary: „Na, wie war denn Rosa Lilly? Den anderen erging es genauso. Was wir vorher nicht wussten, unser Telegramme gingen über Radio Limon / Costa Rica nach Puerto Cortez / Honduras.
Freddy musterte wieder einmal ab, er bat mich, ihm ein Päckchen mit persönlichen Sachen zu packen und in Hamburg abzugeben. In der Messe lagen in einer Schublade jede Menge Verhütungsmittel, Kondome und Dublosan Creme. Ich packte von allem eine Hand voll und legte sie mit in das Päckchen. In Hamburg musste er zum Zoll, um es abzuholen. Beim Öffnen fielen an die hundert Kondome und 60 Cremetuben einer Zöllnerin vor die Füße. Diese konnte sich wohl nicht verkneifen ihn zu fragen, ob er so ein scharfer Lümmel wäre und so einen großen Verbrauch hätte. Es muss ihm wohl sehr peinlich gewesen sein, denn er schimpfte bei unserem nächsten Wiedersehen immer noch. Er war mir aber nicht böse über diesen Scherz.
Während der Liegezeiten auf Reede machten wir einmal einen Ausflug ins Landesinnere. Der Chief beauftragte mich, Flugtickets für sich und sein „Skeletta“, für eine Passagierin, für mich, und meine Mary zu besorgen. Er wollte in die Landeshauptstadt San Josè fliegen. Unsere Damen durften den Reiseführer machen und uns ihre Stadt zeigen. Beim Besuch des Nationalmuseums konnten wir nur staunen über diese Goldschätze, die es dort zu sehen gab. Für die Heimfahrt nahmen wir die Bahn. Wir belegten unsere Plätze im Salonwagen, es war nicht so eng wie in den anderen, nur etwas teurer. An jeder Station hielt der Zug, wo wir kalte Getränke, Eis oder etwas zu essen von „Fliegenden Händlern“ kaufen konnten. Die Einheimischen stiegen derweil mit ihren Hühnern, Enten und sonstigem Viehzeug ein und aus. Die Landschaft war sehr schön und es herrschte eine angenehme Temperatur. Wir fuhren etliche Stunden durch Kaffee-, Ananas- und Bananenplantagen. Kurz vor Port Limon führten die Gleise direkt neben dem Fluss entlang. In einer Biegung fing der letzte Waggon an zu Wippen. Beim Hinaussehen sahen wir, dass der Fluss in dieser Biegung die Gleise unterspült hatte und diese in der Luft hingen. Wir waren jedenfalls froh, heil in Port Limon angekommen zu sein. Eine Woche später, nach einem großen Regenguss, wurden die Gleise an mehreren Stellen in den Fluss gespült. Zum Glück fuhr zu dieser Zeit kein Zug. Danach wurde die Bahnverbindung von und nach San Josè eingestellt.
Etwas später wurde auch die Straße von San Josè nach Port Limon fertig. Vor der Straßenfertigstellung gab es nur die Bahn- oder Flugverbindung.
In den Jahren, als ich auf der BRUNSRODE war, fuhren wir auch durch den Panamakanal nach Guayaquil / Ecuador. In Guayaquil holten wir Bananen und fuhren damit in die Staaten oder nach Europa. In Europa luden wir Autos oder Papier für die Bananenkartons. Die Autos löschten wir meistens in San Juan / Porto Rico, das Papier in Guayaquil.
Auf einer Reise nach Equador wollte unser Kapitän den Passagieren zeigen, wie schneidig er mit höchster Geschwindigkeit – ca. 22 Knoten – zwischen zwei Azoreninselchen durchsteuern kann. Wenn das Schiff aus dem Ruder gelaufen wäre, hätten wir hoch und trocken auf dem Eiland gesessen. Einigen Passagieren hat diese Showeinlage des Kapitäns absolut nicht gefallen, und er konnte daraufhin in Hamburg seinen Sack packen.
Auf einer anderen Reise, von Ecuador kommend, fuhr unser Kapitän das Schiff in eine Schlechtwetterzone hinein. Der 1. Offizier steuerte auf seiner Wache wieder heraus. So ging es ein paar mal hin und her, bis eines nachts unser Schiff bald auseinandergebrochen wäre. Auf der Kapitänswache wurde wieder mit voller Geschwindigkeit in das Schlechtwettergebiet hineingesteuert. Das Schiff fuhr schneller als die Welle rollte und knallte von der Wellenkimm mit dem Steven auf das darunter liegende Wellental. Anschließend war unser Vorschiff ca. 0,75 Meter höher als vorher, und vor den Aufbauten mittschiffs verlief eine ca. 1,0 Meter breite und 5 Zentimeter tiefe halbrunde Rinne quer über das Schiff von Backbord nach Steuerbord. Mit etlicher Verspätung, weil wir diesmal etwas langsamer fuhren, kamen wir in Hamburg an und gingen nach dem Löschen der Ladung sofort in die Werft. Auch dieser Kapitän konnte seinen Sack packen.
Einmal wurden unsere beiden Kompasse aus der Nock in Guayaquil geklaut. Zwei Tage später konnte unser Kapitän sie wieder für 200 US Dollar je Kompass zurückkaufen.
Auf einer Rückreise von New York nach Costa Rica hatten wir am Backbordmotor einen Kolbenfresser, und ein paar Stunden später flog uns vom Steuerbordmotor die Kühlwasserleitung um die Ohren. Die Häuser von Miami Beach und der Strand mit den Menschen, die uns zuwinkten,kamen uns gefährlich näher. Wir schafften es aber noch rechtzeitig, die Steuerbordmaschine wieder flott zu machen, bevor wir die Untiefe erreichten. Der Alte und der Chief hatten ganz schön Muffensausen.
Von New York kommend und nach Honduras unterwegs, hatten wir zwei „Blinde Passagiere“ an Bord. Nachdem sie entdeckt wurden, befahl der Alte, ihnen Handfesseln anzulegen und sie im Deckshaus einzusperren. Dort wurden ihnen die Handfesseln wieder abgenommen. Sie wurden von uns mit Bier versorgt, das sie auch bezahlten, und sie gaben auch für uns immer einen aus. In La Ceiba gingen sie von Bord, kamen zwei Tage später als Passagier zurück und fuhren mit bis Gulfport / Mississippi. Wie sich herausstellte, wollten sie eigentlich nach Europa. Sie waren Söhne sehr reicher Eltern und wollten einmal etwas erleben. Der Alte hat sich dann wohl geschämt, denn er kam drei Tage nicht in den Salon zum essen.
Beim Einlaufen in den Hafen von Long Beach / Kalifornien steuerte die eine Maschine nicht um, eine kleine Sicherung war ausgefallen und wir fuhren in die Pier. Hatten dann im Steven über der Wasserlinie ein ca. 1 Meter großes rundes Loch, das von einer Reparaturfirma mit Blechplatten wieder zugeschweißt wurde.
Nach meiner letzen Abmusterung am 20.04.1974 und nach dem anschließenden Urlaub meldete ich mich bei der Seefahrtschule in Flensburg an, um dort die Kenntnisse für den Schiffsbetriebsmeisterbrief zu erlangen. Wir bekamen aber nur eine Bescheinigung, mit der ich einige Zeit später als Maschinenvormann fahren konnte:
Der Bundesminister für Verkehr2000 Hamburg 4, den 30.01.75
Bernhard Nocht-Straße 78
See 7/48.56.20.-3/1 Schu 75
BESCHEINIGUNG
über die Befugnis zur Berufsausübung als Schiffsbetriebsmeister
Herr Wolfgang Schwuchow, geb. am 26. Mai 1945 in Sattling, ist im Rahmen der Zulassung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 der Schiffsbesetzungs- und Ausbildungsordnung vom 19. August 1970 (SBAO) befugt, die Tätigkeit eines Schiffsbetriebsmeisters (SBM) auszuüben, nachdem er die fachliche Eignung nachgewiesen und glaubhaft dargelegt, dass er während seiner Fahrzeit im Maschinendienst und bei anderen vergleichbaren Tätigkeiten die Erfahrungen, fachpraktischen Kenntnisse und handwerklichen Fertigkeiten erworben hat, die erforderlich sind, um nach Anweisung der Maschinenleitung Wartungs-, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten an Bord von Schiffen selbständig oder verantwortlich durch zweckmäßigen Einsatz von Arbeitsgruppen auszuführen sowie bei der Betriebsüberwachung mitzuwirken.
Im Auftrag
Gez. Schulz
Nachdem ich in Flensburg den Lehrgang zum Schiffsbetriebsmeister beendet hatte, fuhr ich nach Hamburg und bekam die SULTANA vermittelt, ein Schiff der Reederei Frigomaris. Es war eine israelische Reederei, die Schiffe unter deutscher Flagge laufen ließ. So etwas gab es auch.
Auf dem Kühlschiff SULTANA der Reederei Frigomaris in Hamburg, 8190 Bruttoregistertonnen, Unterscheidungssignal: DHRS - stieg ich am 26.02.1975 als Schiffsbetriebsmeister ein, fuhr auf dem Schiff 4 Monate und 14 Tage bis zum 9.07.1975 und musterte in Osaka ab.
In Rotterdam bin ich mit ca. 20 anderen Besatzungsmitgliedern eingestiegen. Ein zusammengewürfelter Haufen verschiedenster Nationen.
Von Rotterdam aus fuhren wir in den Nordatlantik bis vor die Küste Neufundlands. Da liegen zwei Eilande, die noch zu Frankreich gehören: Miquelon und Saint Pierre. Dort warteten japanische Fischtrawler auf uns, wir übernahmen ihre Fischladung, die wir nach Japan bringen sollten. Anschließend fuhren wir südwärts, dann durch den Panamakanal bis Los Angeles. Hier übernahmen wir als Restladung Zitrusfrüchte.
In Japan löschten wir den Fisch und einen Teil der Zitrusfrüchte, der Rest sollte nach Hongkong. Dort wollte man aber die angegammelten Zitronen und Orangen nicht, und wir fuhren mit der Restladung nach Japan zurück. Die Japaner wollten sie auch nicht haben und orderten uns nach Nachodka in Sibirien. Dort lagen wir 2 Wochen und löschten einen kleinen Teil der Ladung. Die Menschen dort hatten vorher noch nie eine Zitrone oder Orange gesehen, wir mussten ihnen erst zeigen, dass man diese Früchte auch essen kann.
200 Rubel wurden beim Agenten geordert und 200 Rubel nahm der Agent nach 2 Wochen Liegezeit wieder mit. Für ein billiges T-Shirt, Hemd, Damenunterwäsche etc, bekamen wir bis 10 Rubel.
Die Besatzung war jede Nacht so „voll“, dass zwei Mann Nachtwache gehen mussten, um die Besoffenen heil die Gangway herauf zu bringen. Durch unsere Tauschgeschäfte hatten wir so viel Rubel in der Tasche, dass wir sie gar nicht ausgeben konnten. Für 10 Rubel bekamen wir eine Flasche Krim Sekt, eine Flasche Wodka, Kaviar usw. und es blieben immer noch 7 Rubel übrig.
Den Rest der Ladung nahmen wir mit und fuhren nach Hakodate auf Hokkaido / Japan zurück und warteten auf weitere Order.
Nach einer Woche Liegezeit auf Reede kehrten wir wieder mit vielem schönen bunten und billigen Plunder nach Nachodka zurück. Unsere Landgänge waren gesichert. Einmal bin ich mit ca. 12 Mann an Land gegangen. Mit dem örtlichen Bus sind wir dann zu dem Hotel gefahren, wo es etwas zu essen und hauptsächlich zu saufen gab. Dort angekommen, wurden wir durch den Oberkellner mit den Worten begrüßt: „Hier werden keine Faschisten bedient!“ An einem Tisch saßen sechs Personen – zwei Männer aus Westdeutschland, die dort eine Konservenfabrik aufbauten und vier Männer aus der DDR, aus Eberswalde, sie stellten dort Kräne auf. Als der Vorarbeiter der Kranbautruppe die Begrüßung des Kellners hörte, rief er ihm auf russisch zu: „Und hier werden doch Faschisten bedient!“ Anschließend wollte man nur noch uns „Faschisten“ bedienen und die russischen Gäste sollten nichts bekommen, was wir aber verhinderten. Wir schoben unter Protest der Kellner die Tische zusammen und holten die anderen Gäste an diesen großen Tisch und vertilgten gemeinsam sämtlichen Vorrat an Sekt, Wein und Kaviar – auch die Kellner bekamen ihren Teil ab – zum Schluss waren wir alle Brüder und keine „Faschisten“ mehr.
Besonders wohl habe ich mich auf diesem Schiff nicht gefühlt, es kam keine Kameradschaft auf. Der Chief war ein Deutscher, der 2. Ing. ein Holländer, der 3. Ing. Holländer indonesischer Abstammung, und ich wurde als 4. Maschinist eingesetzt und von keinem anerkannt. Der Chief hockte alleine in seiner Kammer, die beiden „Kasköppe“ waren auch immer zusammen und kochten in der Kammer ihr eigenes Essen, und ich soff alleine meinen Remy Martin, was wiederum dem Chief stank, weil er sich anscheinend keinen leisten konnte.
Nach dem Löschen eines kleinen Teiles der Ladung in Nachodka fuhren wir nach Hongkong, um den Gammel aus den Laderäumen zu löschen.
In Nachodka auf Reede angelten wir jede Nacht. Wir fingen sehr viel Fisch, unter anderen auch große Stein- oder Heilbutt. Die Kräne an Deck wurden hydraulisch bedient und so hatten wir reichlich Sägespäne an Bord. Ich machte mir ein leeres Ölfass als Räuchertonne zurecht und begann, diese fetten und purinreichen Fische zu räuchern. Sie schmeckten sehr lecker.
Auf der Reise nach Hongkong bekam ich einen Gichtanfall und musste dort zum Arzt. Er wollte mich nach Hause schicken, was ich aber nicht wollte. So schrieb er mich für eine Woche arbeitsunfähig krank. Nach dem Auslaufen von Hongkong zu den Philippinen musste ich die schriftlichen Arbeiten des Chiefs verrichten. Es gefiel mir zwar nicht besonders, aber was sollte ich machen?
In Davao auf der Insel Mindanao angekommen, ging ich am letzten Tag, an dem ich krank geschrieben war, mit dem Bootsmann an Land. Am anderen Morgen wollten wir zurück an Bord, nur unser Schiff war mit dem Beladen von Bananen für Kobe in Japan eher fertig geworden als geplant und schon ausgelaufen. Wir und einige andere Besatzungsmitglieder sind dann mit dem Taxi und anschließend mit dem Lotsenboot dem Schiff nachgefahren. Beim Übersetzen zur Gangway bin ich abgerutscht und mit der Innenseite des linken Oberschenkels auf das Dollbord des Bootes geknallt. In meinem leicht angeheiterten Zustand habe ich dies aber kaum war genommen.
An Bord angekommen, maulte mich der Chief dumm an. Ich dürfte, wenn ich krank sei, nicht an Land. Aber an Bord schriftliche Arbeiten verrichten! Nachmittags hatte er sich immer noch nicht beruhigt und motzte weiter an mir herum. Ich antwortete ihm: „Wenn ich, während ich krank geschrieben bin, Ihre schriftlichen Arbeiten verrichten kann, so kann ich auch an Land gehen.“ Außerdem sei ich ab sofort wieder krank und wünsche in Kobe / Japan nochmals zum Arzt zu gehen. Ich ging in meine Kammer und trank mit dem Bootsmann einige Bierchen, dabei muss ich wohl etwas Alufolie von den Bierflaschen mit verschluckt haben. Mir war jedenfalls am anderen Tag speiübel, hatte Magenbeschwerden, und ich sah auch krank aus – aber nicht von der Alufolie.
In Kobe konnte ich sofort zum Arzt. Ich bekam ein Kontrastmittel zu trinken und musste mich auf den Tisch zum Röntgen legen. Der Tisch wurde an den Füßen etwas angehoben. Da fingen die Helferinnen an zu kichern, und ich wusste nicht warum? Nach dem Röntgen wollten sie mich gleich dabehalten und operieren, ich sagte aber, ich möchte zurück nach Deutschland. Man gab mir eine große Tüte mit vielen schönen bunten Pillen und Kapseln mit, die sollte ich nehmen, wenn es mir schlecht gehe. Ich fühlte mich eigentlich recht wohl. An Bord angekommen, war mein Flugticket für den Heimflug schon an Bord. Da erfuhr ich auch vom Agenten, dass ich Geschwüre am Zwölffingerdarm hätte und sofort operiert werden müsse. Meine „Geschwüre“ waren die verschluckte Alufolie. In meiner Kabine zog ich mich aus und sah erst einmal nach, warum diese Kichererbsen so gelacht hatten. An der Innenseite des linken Oberschenkels war ein Bluterguss, der aussah wie ein großer Knutschfleck.
Von Kobe flog ich über Tokio, Anchorage, Amsterdam nach Hamburg, wo ich die Tüte mit den Pillen entsorgte. 4 Monate und 14 Tage hatte ich auf diesem Schiff verbracht. Mein Hausarzt stellte nach meiner Rückkehr fest, dass ich nichts am Zwölffingerdarm hatte.
Motorschiff KARIN BORNHOFEN, Reederei: Robert Bornhofen – Hamburg, Unterscheidungssignal: DIDK, 9.784 Bruttoregistertonnen - als Maschinen-Vormann in Hamburg gemustert am 8.01.1976, nach 3 Monaten und 15 Tagen abgemustert am 22.04.1976 in Hamburg.
Auf diesem Schiff machte ich eine Reise nach Afrika und zurück nach Hamburg. Dort wurde es verkauft an eine Reederei Schmidt in Lübeck (oder Kiel ?). Von diesem Schiff habe ich nur vage Erinnerungen, die nicht erwähnenswert sind.
Unterscheidungssignal: DGLE, 8.328 Bruttoregistertonnen – als Maschinen-Vormann in Antwerpen am 15.10.1976 angemustert – nach 2 Monaten und 19 Tagen am 2.01.1977 in Antwerpen abgemustert.
Warum ich hier nach 2 Monaten und 19 Tagen wieder ausgestiegen bin, weiß ich heute nicht mehr. Ich glaube, ich hatte einen Gichtanfall und musste deswegen abmustern.
Reederei: Ernst Russ – Hamburg, Unterscheidungssignal: DHRO, 26.100 Bruttoregistertonnen – als Schiffsbetriebsmeister in Antwerpen am 12.02.1977 angemustert – am 24.06.1977 in Antwerpen nach 4 Monaten, 11 Tagen abgemustert.
Mit diesem Schiff fuhren wir Stückgut nach Kanada und Getreide zurück nach Europa.
Motorschiff NYANGA, Reederei: Hanseatische Reederei Emil Offen,
Unterscheidungssignal: DENW, als Maschinen-Vormann in Bremen am 1.11.1977 angemustert – am 9.02.79 in Neapel nach 15 Monaten, 9 Tagen abgemustert.
Das Schiff war an die „Afrika Linie“ verchartert. In meiner Kammer war immer etwas geboten. In Bremen kauften wir uns einmal gebrauchte Kühlschränke, so hatte fast jeder einen in der Kammer, und den Rest verkauften wir in Afrika. Dann wurde noch Fassbier von „Becks“ bestellt. Oft stand so ein Fässchen in meiner Kammer auf dem Kühlschrank, daneben am Bett festgezurrt die Kohlensäureflasche. In Tansania, wo wir ca. 4 Wochen Liegezeit hatten, kam jeden Tag der Zoll und kontrollierte die Bierfässer, ob sie noch voll waren. Nur, wenn wir ein Fass geleert hatten, schraubten wir den Verschluss ab und füllten es wieder mit Wasser auf. Der Zoll war zufrieden, weil die Fässer voll waren, und wir waren es auch.
In den 15 Monaten habe ich auch noch so nebenbei 3 Teppiche geknüpft und eine Pflanzen- und Blumenzucht angelegt.
Tankturbinenschiff LOTTIA, Reederei: Deutsche Shell Tanker GmbH – Hamburg, Unterscheidungssignal: DILH, 162.488 Bruttoregistertonnen - als Lagerhalter
Bei meinem ersten Einsatz, von Hongkong kommend und auf dem Weg nach Singapur, wurde ich an einem Sonntag Nachmittag gegen 15 Uhr vom wachhabenden Offizier geweckt. Er teilte mir mit, ich möchte mit der Mannschaft die Gangway klar machen und Vorbereitungen treffen, um Bootsflüchtlinge zu übernehmen.
Bericht des Kapitäns der ELONA an die Reederei:
MTS ELONA auf See, 18.5.91
An die
Deutsche Shell Tanker GmbH
Überseering 35
2000 Hamburg 60
Inspektion
Sehr geehrte Herren!
Am 17.5. um 15 Uhr Ortszeit sichteten wir voraus, eben an Stb. ein ca. 15 m langes Boot. Als wir uns näherten, konnten wir erkennen, dass es voll mit Menschen war, die winkten, riefen und Flaggensignale gaben. An das Ruderhaus war mit gelber Farbe das Kürzel SOS gemalt. Unsere Position zu dieser Zeit: 06° 45,3’ N 108° 16,3’ E, 210 sm von der vietnamesischen Küste entfernt.
Wir beorderten die Maschine auf Manöverfahrt, umrundeten das Boot im Abstand von ca. 1 sm, bis wir sicher waren, dass es wirklich Flüchtlinge sind, weil wir die Frauen, Kinder und Babies sehen konnten. Das Wetter war gut, kein Wind, sehr warm, 44 Grad in der Sonne, und es war leicht, die ELONA bis auf Wurfleinenweite an das Boot heranzufahren. Um 15:57 hatten wir das Boot längsseits mit Jollen vertäut, und die ersten Flüchtlinge konnten über die ausgebrachte Gangway an Bord genommen werden. Zuerst wurden die Babies herübergereicht, dann kamen die Frauen und schließlich die Männer.
Die Frauen und Kinder waren schwach, schwankten an Deck und sahen daher sehr überhitzt aus. Die Männer waren alle in recht guter Verfassung.
Als 1. Hilfe konnten wir den Flüchtlingen erstmals zu trinken geben und eilig vorbereitete Matratzenlager anbieten. Zu diesem Zweck wurde der Suezkanalarbeiterraum, der Tischtennisraum, zwei Doppelkammern und der Sportraum hergerichtet. Zum Glück waren genug Reservematratzen an Bord, so dass jeder einen Schlafplatz fand.
Duschen war das dringendste Bedürfnis, was diese Menschen neben dem Trinken hatten. Nach dem Duschen erhielten die meisten ein Kesselpäckchen und T-Shirts aus der Kantine, so dass sie alle sehr uniform aussahen.
Meine Sorge war, dass sich vielleicht Kranke unter den Flüchtlingen befanden. Wir entdeckten aber nur zwei Babies mit Ausschlag, vermutlich Röteln und ein Baby mit Verbrennungen am Bein, denen wir, so gut wir konnten, mit unseren Arzneien halfen.
Das Boot längsseits musste zum Sinken gebracht werden, damit es für die übrige Schifffahrt keine Gefahr bedeutet, deswegen schlugen wir mit einer Feueraxt die Bodenplatten auf, so dass der Kutter langsam zu sinken begann. Zusätzlich haben wir über Singapur Radio eine nautische Warnnachricht verbreitet.
Der Fischkutter hatte übrigens die Nummer 48B1604 und war in guter Verfassung.
Um 16:20 konnten wir unsere Fahrt fortsetzen, nach einem Delay von 1 Stunde und 20 Minuten.
Wir waren nicht das einzige Schiff in der Gegend, in Sichtweite befanden sich mindestens 5 weitere Schiffe, und wir haben vorher auch beobachtet, wie ein Schiff die Flüchtlinge passierte, ohne zu reagieren.
Unter den Boatpeoples fanden wir 2 Männer, die englisch konnten und uns ihre Geschichte erzählten.
Unterwegs waren diese Menschen 7 Nächte und 6 Tage. Ihre Reise begann in Phan Ri, 270 sm nördlich von der Stelle, wo wir sie aufgenommen haben. Insgesamt passierten 10 Schiffe das Boot, ohne zu reagieren. Ihre Anzahl wurde uns mit 90 angegeben, später beim Erstellen einer Liste stellte sich dann heraus, dass es 93 Personen waren, darunter 33 Kinder, teilweise noch Babies, 17 Frauen und 43 Männer.
Wie Sie der beiliegenden Liste entnehmen können, vorwiegend Familien, darunter eine Familie aus 16 Personen bestehend.
Die Flüchtlinge mussten sich ihre Flucht mit Gold an einen professionellen Fluchthelfer erkaufen, der ihnen das Boot zur Verfügung stellte. Ausgerüstet für die Flucht waren sie denkbar schlecht, hatten insgesamt nur 10 Kanister Wasser und wenig Treibstoff mit. Als wir sie aufpickten, waren ihre Vorräte am Ende. Zwei weitere Tage hätten diese Menschen nicht überlebt, sie wären in der Hitze verdurstet.
Wir informierten sofort die Reederei, Shell Eastern, die deutsche Botschaft und dieQuarantänebehörden in Singapur, zusätzlich noch die „CAP ANAMUR“, in der Hoffnung, sie würde uns die Flüchtlinge abnehmen.
Shelltanker reagierte am schnellsten und versprach in einem Telefongespräch jegliche Unterstützung über das auswärtige Amt in Bonn. Von der CAP ANAMUR erhielten wir abschlägigen Bescheid, weil wir unter der Flagge Liberias fahren, es sei denn, das Außenministerium würde garantieren, den Flüchtlingen weiterzuhelfen. Diese Garantie steht noch aus, und da wir bereits heute Abend, am 18.5., um 20 Uhr in Singapur sind, wissen wir z.Z. noch nicht, wie es mit unseren Schutzbefohlenen weiter gehen soll. Ich kann mir vorstellen, dass in Hamburg und Singapur die „Krisenstäbe“ tagen, um nach einer menschlichen Lösung zu suchen.
Zum Glück haben wir ausreichend Proviant, Frischwasser und Bunker an Bord, so dass in dieser Hinsicht keine Probleme bestehen. Das Essen haben wir gelöst, indem endlich einmal alle Besatzungsmitglieder in der sauberen Messe ihre Mahlzeiten einnehmen, während die Vietnamesen die Dutymesse zur Verfügung haben. Das Kochen stellt auch kein großes Problem dar, unser Koch hat drei junge Frauen als „Kochsmaaten“ zugeteilt bekommen, so dass diese Arbeit auch zu schaffen ist.
Als Geschenk haben wir den Kompass des Fluchtkutters erhalten, der schön geputzt unsere Bar zieren wird und uns an dieses Ereignis erinnern wird.
Alles in allem ist die Stimmung an Bord gut und wir hoffen, dass wir unsere Boatpeople bald in die Obhut der Behörden entlassen können.
Mein nächster Bericht wird sich damit befassen, wie wir das Problem gelöst haben.
Mit freundlichem Gruß
MTS „ELONA“
gez. Zwinscher
Kapitän
Die ersten Flüchtlinge konnten über die ausgebrachte Gangway an Bord genommen werden. Zuerst wurden die Babies herübergereicht, dann kamen die Frauen und schließlich die Männer.
Nachdem wir die Flüchtlinge an Bord genommen hatten, beauftragte mich der Ltd. Ingenieur, Leute abzustellen für den Küchendienst. Ich schlug ihm vor, das ich mich selber mit in die Küche stellen werde, um dem Koch meine Hilfe anzubieten. Die Leute könnten zu mir kommen, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig sind und sich einen neuen Auftrag abholen.
Die mitfahrenden Ehefrauen und auch Stewardessen konnte man in der Pfeife rauchen, zu nichts zu gebrauchen. Nur rauchen und kluge Sprüche klopfen, aber zu dämlich, Brot zu schneiden. Die Frau des Pumpenmannes war morgens um sechs schon angetrunken, entweder vom Tag vorher oder sie hatte in der Nacht die Kühlschränke leergesoffen. Einmal sollte sie in der großen Kippbratpfanne Frikadellen braten. Sie hatte eine Zigarette in der Schnauze und das eine Auge zugekniffen weil ihr der Qualm in den Augen brannte. Ich kam gerade dazu, wie sie mit dem Spachtel die Frikadellen wenden wollte, in diesem Moment holte das Schiff nach Backbord über. Wenn ich sie nicht weggestoßen hätte, hätte sie voll in das zusammengelaufene Öl gelangt. Danach wurde sie aus der Küche verbannt.
Unter den Flüchtlingen waren vier junge Mädchen ohne Anhang dabei, die uns in der Küche halfen. Trotz sprachlicher Schwierigkeiten machten diese Mädchen ihre Arbeit besser als die Deutschen. Am zweiten Tag an Bord fragten mich die Mädchen, ob sie sich nicht in meiner Kammer ausruhen und etwas schlafen könnten, da sie keine Ruhe bei den anderen (meistens Familien) finden können. Die Unteroffizierskammer neben mir war nicht belegt, so quartierte ich die Mädchen dort ein. Im Bett konnten bequem 2 Personen schlafen und auf dem Klappsofa auch. Und sie konnten sich ungestört duschen und umkleiden. Am letzten Tag an Bord nahm ich mit einem Tampen das Maß vom Bauchumfang der Mädchen. Sie konnten nicht verstehen, was ich da machen würde. In Singapur gingen der Koch, eine Stewardess (als Beraterin) und ich an Land und kauften für die vier Mädchen je eine Umhängtasche mit den nötigsten Sachen, die eine Frau so braucht: Zahnkreme, Zahnbürste, Seife, Waschpulver, Hose (nach den Maßen des Tampens), T-Shirt, Unterwäsche, Hygieneartikel usw. (deswegen die Stewardess). In die Taschen schrieben der Koch und ich unsere Namen und Adressen in Deutschland hinein und jede bekam eine davon mit dem gleichen Inhalt. In Singapur gaben wir die Flüchtlinge an Land.
Abschlussbericht des Kapitäns der ELONA an die Reederei:
MTS ELONA Singapur, 25.5.81
An die
Deutsche Shell Tanker GmbH - Inspektion
Überseering 35
2000 Hamburg 60
Sehr geehrte Herren!
Im Anschluss an meinen ersten Bericht möchte ich Ihnen schildern, was sich ereignete, als wir in Singapur einliefen.
Bereits ab Horsburgh hatten wir ein Flugzeug der Singaporian Air Force über uns, welches uns nicht aus den Augen ließ. Die Behörden befürchteten wohl, dass einige der Flüchtlinge über Bord springen könnten.
Auf der Quarantine Anchorage angekommen, dauerte es dann auch nicht lange, bis die Beamten erschienen und mit ihrer Arbeit begannen. Besonders die Immigration war sehr genau und verhörte jeden einzelnen Flüchtling. Besonders interessant schien zu sein, was jeder Einzelne vor 1975 während des Vietnamkrieges gemacht hatte. Nach ca. acht Stunden waren die Verhöre beendet, und wir konnten auf die Eastern Petroleum Anchorage verholen.
Am 19.5. erhielten wir Besuch von zwei Herren von Shell Eastern. Es erschienen Mr. R. Gardiner, der Resident Marine Superintendent und Mr. Lim Bok Lim, der der Agentur vorsteht. Beide teilten mir mit, dass die deutsche Botschaft nichts für uns tun wird, weil wegen unserer Flagge nicht zuständig. Unsere einzige Hoffnung waren die United Nations, die einen Hochkommissar für Flüchtlingsfragen in Singapur haben. Vertreter des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) erschienen bereits eine Stunde später zusammen mit einem Arzt und sechs vietnamesischen Dolmetscherinnen.
Nun wurden die Flüchtlinge wieder verhört, diesmal ging es aber in erster Linie um Familienzusammenführung. Der Arzt untersuchte und impfte alle Flüchtlinge. Zum Glück hatte keiner von ihnen eine ansteckende Krankheit. Auch die von uns vermuteten Röteln bei einigen Kleinkindern erwiesen sich als harmloser Ausschlag, der entstanden war, weil die Wäsche während der Flucht mit Salzwasser gewaschen worden war.
Um 17 Uhr waren die Vertreter des UNHCR mit ihrer Arbeit fertig. Als Information konnte mir nur mitgeteilt werden, dass die Flüchtlinge erst dann von Bord in ein Camp in Sembawang dürfen, wenn eine Garantie eines Staates vorliegt, die Flüchtlinge aufzunehmen. Um 18 Uhr erhielt ich einen Anruf vom Marinedepartement Capt. Steward, und er teilte mir mit, dass die Bundesrepublik über das Verkehrsministerium eine Garantie für 50 Flüchtlinge erteilt hat und die Botschaft in Singapur angewiesen wurde, entsprechend zu handeln. Es stand somit noch eine Garantie für 43 Personen aus, die andere Staaten erteilen mussten.
Am nächsten Morgen suchte ich den UNHCR in seinem Büro auf, übrigens eine Deutsche, namens Frau Luise Druke. Frau Druke bemühte sich sehr engagiert, die verbliebenen Flüchtlinge in andere Länder zu vermitteln und erreichte auch bald, dass die USA eine Garantie für 14 Personen erteilten. Die Schweizer Botschaft versprach, sich um die restlichen 29 Flüchtlinge zu bemühen, brauchte dazu aber die Zustimmung aus der Schweiz.
Am nächsten Morgen war ich wieder im Büro des UNHCR und musste erfahren, dass die USA ihre Garantie zurückgezogen hatten, weil inzwischen ein USS Flugzeugträger und ein US Tanker mit insgesamt 100 Flüchtlingen eingetroffen war. Aus der Schweiz war die Zustimmung leider noch nicht eingetroffen.
Unsere Reederei verlangte nun, dass so schnell wie möglich die von der Bundesrepublik garantierten 50 Vietnamesen abgezogen wurden, weil zu befürchten war, dass auch die BRD ihre Garantie zurückzieht. Mit diesem Argument versehen, konnte ich am nächsten Morgen, dem 22.5., von Frau Druke nicht nur erreichen, dass die 50 Personen, sondern auch die 14 weiteren abgezogen wurden. Freundlicherweise hat sich Herr Ringe von der deutschen Botschaft bereiterklärt, die Garantie für diese 14 vorläufig auszuschreiben.
Am Samstag war ich wieder im Büro der UN und Frau Druke telefonierte den Schweizer Sachbearbeiter aus dem Wochenende und bat ihn, die eingegangenen Fernschreiben in der Botschaft zu prüfen. Schon bald kam die befreiende Nachricht, die Schweiz garantiert für die 29, lässt sie jedoch nicht in die Schweiz.
Dieses Problem, wo die Flüchtlinge eingebürgert werden sollen, muss Frau Druke später lösen, für uns war zum Zeitpunkt nur die Garantie wichtig.
Im Innenministerium von Singapur wurde auch noch eine kompetente Person angetroffen, so dass der Transfer ins Camp noch genehmigt wurde. Shell Eastern organisierte auch diesen Tranfer, so dass um 14:30 Uhr alle Flüchtlinge von Bord konnten.
Um 17:30 kam der Lotse und wir konnten nach Pulau Bukom verholen, um endlich unsere Order zu erfüllen, nämlich eine Ladung Jet A1 für Chiba in Japan zu laden.
Danken möchte ich an dieser Stelle der Inspektion in Hamburg für ihre starke Unterstützung von Deutschland aus, ebenfalls geht mein Dank an Frau Druke von der UN, Herrn Ringe von der Botschaft und Mr. Lim Bok Lim von Shell Eastern für das große Engagement, das sie bei der Lösung des Problems gezeigt haben.
Unsere Besatzung hat sich großartig benommen. Damit die Flüchtlinge Kleider zum Wechseln haben, wurde unsere Sozialkasse aufgelöst und eine Sammlung durchgeführt. Für insgesamt 650 S$ wurden Badelatschen, Turnhosen, und T-Shirts eingekauft und an die Flüchtlinge verteilt.
Die meiste Arbeit hatte das V+B Personal mit der Essenzubereitung. Sie erhielten tatkräftige Unterstützung von den mitfahrenden Ehefrauen. Die Vietnamesen haben geholfen, wo immer sie konnten und wo immer wir sie brauchten.
Unser Delay im Hafen hält sich hoffentlich in Grenzen, zumal wir nach dem Laden einige Tage am Anker verbringen sollen (s. Cargo Order im Anhang).
Als weitere Anlagen übersende ich Ihnen ein Dankschreiben und statistisches Material der UN zur Information.
Mit freundlichem Gruß
Gez. J. Zwinscher
MTS „ELONA“
Kapitän
* * *
Die nächste Reise ging nach Neu Seeland und zurück nach Singapur. Dort stieg ich aus. Auf dem Heimflug kam im Flieger ein Vietnamese mit einem deutschen Flüchtlingspass zu mir und erzählte, dass er nach Deutschland fliegen würde. In Frankfurt ging ich mit ihm und einigen anderen Vietnamesen durch die Sperren und fragte die Personen, die sie dort abholten, wann die anderen nach Deutschland kommen würden. Diese Leute meinten, nach zwei Wochen würde der Rest nachkommen.
Während meines Urlaubes bekam ich eine Ansichtskarte aus Bernkastel-Kues, dort wären zwei der vier Mädchen gelandet, sie würden sich freuen mich zu sehen. Zufällig machte ein Busunternehmen eine 4-Tagefahrt dort hin, und ich besuchte sie. Die Mädchen fragte ich, wo die anderen abgeblieben wären. Sie erzählten mir, dass eines nach Holland gekommen sei und das andere in der Nähe von Trier wohnt. Dieses Mädchen interessierte mich – ich hatte mich an Bord in sie verliebt. Sie wusste nichts davon, und den anderen konnte ich es auch nicht sagen.
Wieder in meinem Heimatort, schickte ich meiner Angebeteten einen Rosenstrauß durch Fleurop. Sie hatte keine Ahnung, wer ihr diese Rosen geschickt hatte. Ich schrieb ihr auch einen Brief mit Foto, damit sie sehen konnte, wer ich war. Von da an hatten wir Briefkontakt. Als ich 1982/83 in Lübeck-Travemünde war, fuhr ich während eines Wochenendes nach Trier und besuchte sie dort.
Nach meinem Arbeitsunfall 1984 auf LIOTINA heiratete ich sie am 5. Januar 1985.
Inzwischen sind wir über 16 Jahre glücklich verheiratet, und unsere gemeinsame Tochter geht zur Zeit in die 11. Klasse eines Hofer Gymnasiums. Meine Frau erlernte, nachdem unsere Tochter in die Schule ging, den Beruf einer Altenpflegerin mit geronto-psychiatrischer Qualifikation.
Auf der OLIVA fuhr ich 1 Monat und 29 Tage vom 9.03.1982 bis 7.05.1982.
Ich sollte nach 6 Wochen schon wieder aussteigen, Urlaub, zum Teil auf Vorschuss nehmen und danach in die Karibik fliegen und auf der ENSIS einsteigen. Da ich nur wenige Tage Urlaubsguthaben hatte, bat ich die Reederei, ob ich nicht bis nach Venezuela mitfahren und anschließend in Costa Rica auf die ENSIS übersteigen könnte. Mein Wunsch wurde genehmigt.
Am 7. Mai 1982 kam ich mit der OLIVA in Punta Cardon / Venezuela an und bin am späten Nachmittag ausgestiegen. Der Agent brachte mich zum Flughafen. Dort angekommen, ging ich an einen Schalter und wollte mich einchecken. Als ich an der Reihe war, sagte man mir, „Mañana“, ich sollte am nächsten Tag wiederkommen und zwar eine Stunde vor dem Abflug und nicht 10 Minuten vorher. Ich wieder raus aus dem Gebäude, in ein Taxi und zurück zur Agentur. Der Agent brachte mich anschließend in ein Hotel. Am anderen Tag brachte er mich zwei Stunden vor dem Abflug nach Caracas zum Flugplatz. Nach der Ankunft in Caracas stand ein Mann mit einem großen Schild „ENSIS“, er holte mich ab und brachte mich wieder in ein Hotel. Außerdem gab er mir noch einen Gutschein für Essen und Getränke in einem Restaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich war an diesem Tag etwas angesäuert. Nun war ich schon zwei Tage unterwegs und immer noch in Venezuela. Außerdem wollte der Kapitän von der ENSIS, dass ich nach Coatzacoalcos in Mexiko fliegen und dort einsteigen sollte. Auf der Speisekarte hab ich mir das teuerste Gericht ausgesucht, das auf der Karte stand, ohne eigentlich zu wissen, was es war. Es hat vorzüglich geschmeckt, es waren überbackene Langustenschwänze. Einige Bierchen hinterher, und ich konnte gut schlafen.
Am nächsten Tag wurde ich rechtzeitig zum Flughafen gebracht und flog nach Mexiko-Stadt und von dort nach Veracruz. Was ich dort sollte, wussten allein die Götter. Ich saß gut eine Stunde auf meiner großen Aluminiumkiste (Zarges-Box), die mir als Koffer diente, wie bestellt und nicht abgeholt. Was sollte ich tun? Kein Mensch holte mich ab, keiner sagte mir Bescheid. Ich entschloss mich, in die Stadt zu fahren, ich sagte dem Fahrer er möchte mich zu einem Hotel bringen. Dort angekommen, lud ich meine Kiste aus, bezahlte den Fahrer und wollte in das Hotel gehen – es war verschlossen. Also auf die andere Straßenseite, wo ein weiteres kleineres Hotel war. Dort fragte ich nach einem Zimmer, sie hatten nur Doppelzimmer, war mir auch egal, ich hatte sowieso nicht vor, es zu bezahlen. Ich machte mich etwas frisch und ging zur Rezeption und bat die Telefonistin, mir eine Verbindung mit der Agentur in Coatzacoalcos herzustellen. Zum Glück hatte ich mir vom Funker etliche Telefonnummern der Agenturen in Mexiko geben lassen. Als ich Verbindung mit dem Agenten hatte, fragte er mich, was ich in Veracruz tun würde. „Keine Ahnung, man hat mich hierher geschickt.“ Dann sagte er mir noch, dass mein Schiff am Tag zuvor ausgelaufen wäre, er würde die Hotelrechnung begleichen und einen Mitarbeiter der Agentur in Vera Cruz zu mir schicken.
Am nächsten Tag sollte ich zurück nach Mexiko-Stadt fliegen, das Flughafengebäude verlassen und in ein Hotel fahren, dort würde ich ein weiteres Flugticket nach Costa Rica bekommen. Nachts um 23:00 Uhr bekam ich das Flugticket, aber nur bis San Josè, ich musste aber nach Port Limon. Am nächsten Tag flog ich nach San Josè in Costa Rica. Dort angekommen, ging ich vom internationalen zum nationalen Airport. An einem Schalter wollte ich ein Flugticket nach Port Limon kaufen, man wies mich aber ab und sagte, ich sollte am Nachmittag um 15:00 Uhr wiederkommen. Gegen 15 Uhr ging ich wieder zum Schalter und bat um ein Flugticket. Der Mensch am Schalter fragte mich, ob ich einen Platz reserviert hätte, wenn nicht, so müsste ich warten, wenn ein Sitz frei sei, könnte ich mitfliegen, ansonsten dann eben am anderen Tag.
Es war noch ein Platz in der Maschine frei – neben einem Mann, der sich vor lauter Flugangst vollgekotzt und die Hose vollgeschissen hatte.
Als wir über die Berge und anschließend die Küste entlang flogen, konnte ich die Pier von oben sehen, an der die ENSIS hätte liegen müssen. Sie war entweder noch nicht da - oder schon wieder weg? Nach der Landung saß ich am Strand alleine auf meiner Blechkiste, weil mich wieder keiner abholte. Ich wurde von einem Einheimischen beobachtet, der zu einem anderen sagte, dass er diesem Gringo seinen Koffer tragen wird und der andere verschwinden soll. Nach einiger Zeit entschloss ich mich, die Dienste des Einheimischen in Anspruch zu nehmen. Ich sagte ihm, er solle mich in das „American Hotel“ bringen, was ich von meinen Kühlschiffzeiten her kannte. Dort angekommen, war alles belegt. Da kam mir ein Geistesblitz – ich fragte meinen Begleiter, ob er nicht wüsste, wo die Agentur von den Schiffen sei. Drei Häuser weiter, und wir waren beim Agenten. Der wusste, dass ich komme, aber er wusste nicht wie, ob mit dem Schiff, Flugzeug, Auto oder Fahrrad. Er brachte mich dann in dem richtigen Hotel unter – unten Restaurant, ein Stockwerk höher eine Diskothek und darüber die Schlafzimmer.
Einige Tage später kam dann die ENSIS. Ich konnte mir nicht verkneifen, den Kapitän zu fragen, warum er mir nicht die Woche Urlaub in Port Limon gegönnt hat und mich stattdessen Zigtausende von Kilometern herumfliegen zu lassen.
In Port Limon bin ich auch wieder ausgestiegen, mit mir der Funker, der 3. Offizier und die Stewardess. Mit einem klimatisierten Bus wurden wir nach San Josè in ein Hotel gebracht, wo wir noch 4 Tage auf unseren Heimflug warten mussten. Ich nahm Kontakt mit einer alten Flamme aus der Bananenjägerzeit auf, die bei Bayer / San Josè in der Chemiefabrik arbeitete.
Wir machten, außer dem 3. Offizier, der nur soff, drei schöne Tagesausflüge in die nähere und weitere Umgebung von San Josè.
21.06.1983: Schiffsmechanikerbrief
22.06.1983: Schiffsbetriebsmeisterbrief
2. Reise auf der LIOTINA: Hamburg: 10.05.1985 – 25.06.1985: Göteborg: 1 Monat, 16 Tage.
Bei meinem dritten Einsatz, drei Tage nach der Äquatortaufe, am 07. Februar 1984 hatte ich einen Unfall an Bord, ich brach mir am linken Fuß das Schien- und Wadenbein und wurde in Dakar – Senegal, an Land gegeben. Meine Kollegen trugen mich von meiner Kabine aus auf einem Stuhl zum Aufzug und brachten mich auf das Hauptdeck. Von dort wurde ich mit dem Kran auf das wartende Boot gehievt und an Land gebracht. Das gebrochene Bein konnte an Bord nicht fixiert werden, weil wir keine Mittel dazu hatten, oder der Offizier war zu dämlich dazu. Schmerzmittel waren auch nicht vorhanden. An Land angekommen, trug man mich zu einem Krankenwagen und fuhr mich in eine Klinik. Auf dem Weg dorthin wusste ich nicht, was ich festhalten sollte, mein kaputtes Bein, oder mich selber. In der Klinik angekommen, trugen mich nach dem Röntgen vier Pfleger auf einer Bahre verkehrt herum, also mit dem Kopf nach unten, eine Treppe hinauf. Wenn ich mich nicht an der Bahre festgeklammert hätte, wäre ich rückwärts rausgerutscht.
Nach der Operation, als ich langsam wieder aufwachte, sah ich in dem abgedunkelten Raum den Umriss einer über mich gebeugten Gestalt, eine weiße Zahnreihe und zwei weiße Punkte, die wohl die Augen waren. Im ersten Moment dachte ich, der Teufel hat mich geholt. Es war aber der Arzt. Ich hatte vorher noch nie einen so dunkelhäutigen Menschen gesehen. Das Krankenzimmer teilte ich mit einem Mann aus Ghana, der traurig war, als ich das Krankenhaus verließ. Wir haben uns trotz einiger Sprachschwierigkeiten gut verstanden. Er gehörte einem englisch sprechenden Stamm an, und in Dakar sprach man französisch. Diese Volksgruppen verstanden sich untereinander auch nicht. Den Sanitärraum teilten wir uns mit noch einem Krankenzimmer, wo aber Frauen lagen, die gerade ihr Kind entbunden hatten.
In dem Krankenzimmer herrschte eine unerträgliche Hitze, auch nachts, ich lag, nur mit der Unterhose bekleidet, im Bett auf einem großen Handtuch. Mein schwarzer Freund dagegen im anderen Bett fror wie ein Schneider, deshalb gab ich ihm noch meine Decke zum Zudecken. Außerdem wurde er von unzähligen Moskitos gestochen, ich aber nicht. Da musste ich ihn schon einmal fragen, ob er vielleicht etwas streng riecht, weil ihn die kleinen Tierchen so liebten. Er war über diese Frage nicht böse, denn er wusste, ich meine es nicht so. Als ich den Wunsch äußerte, das Krankenhaus zu verlassen, war man nicht gerade begeistert. Man brachte mir zwei Krücken und ich musste in einer halben Stunde laufen lernen. Dann kam der Agent und brachte mich zum Flughafen, wo mich dieser Stinkstiefel alleine ließ.
Ich musste mit den Krücken und einem Aktenkoffer auf das Rollfeld gelangen. Die Maschine stand ca. 500 Meter von der Halle entfernt. Dort half mir wenigstens ein Flugbegleiter die Gangway hinauf. In der Maschine wollte ich einen Platz an einem Notausstieg haben, was man mir verwehrte. Ich musste mich auf einen Zweierplatz auf der rechten Seite setzen. Dadurch, dass das Bein bis zu den Gesäßbacken eingegipst war, ragte es in den Gang hinaus. Der Steward, der mit seinem Getränkewagen vorbeifahren wollte, sagte zu mir, ich solle das Bein einziehen, worauf ich ihm erwiderte, er möchte doch das Fenster aufmachen, dann könnte ich das Bein ja dorthinaus stecken. Ich hatte Schmerzen in dem Bein von der Anstrengung und keine Tabletten, so kaufte ich mir 5 Fläschchen Bier und pfiff mir diese hinein, damit ich etwas betäubt war.
Diese Maschine gehörte einer Gesellschaft aus den ehemals französischen Kolonien. Wir flogen noch nach Mauretanien und dann weiter nach Zürich in der Schweiz. Dort verließen viele Fluggäste die Maschine und es wurden viele Mittelreihen leer. Dort legte ich mich auf dem Flug nach Paris über die ganze Bankreihe hin, was wiederum den Flugbegleitern nicht passte. Ich sollte die Sicherheitsvorschriften beachten und mich anschnallen, was ich ignorierte und sie aufforderte, mich am Arsch zu lecken. Statt vom Flieger aus gleich eine Hilfsperson mit Rollstuhl zu ordern, musste ich mich selber bis zum nächsten Schalter der Lufthansa hinquälen. Von da an lief alles wie am Schnürchen. Man brachte mich zur Maschine nach Frankfurt, dort wurde ich erwartet und in einen Ruheraum gebracht, wo ich mich ausruhen konnte bis zum Weiterflug nach Hof.
In Hof fuhr ich mit einem Taxi nach Hause, von dort rief ich meinen Bruder an, weil meine Eltern nicht da waren. Wir packten Wäsche in eine Tasche, und anschließend brachten sie mich ins Klinikum Hof, etwa 500 Meter von meinem Haus entfernt.
Ich war fast ein ganzes Jahr zu Hause. Am 05. Januar 1985 heiratete ich.
Tankmotorschiff NARICA, Deutsche Shell Tanker GmbH, Hamburg, 59.726 Bruttoregistertonnen, Unterscheidungssignal: DNBK, Pse: 18.000 - als Schiffsbetriebsmeister, angemustert in Hamburg am 29.01.1985, abgemustert am 17.04.1985 in Esmeraldas.
Ich hatte am 05. Januar geheiratet und musste am 29. Januar 1985 in Singapur einsteigen. Das Schiff lag in der Werft. Von Singapur fuhren wir mit Ladung nach Korea und von da aus mit leerem Schiff nach Los Angeles. Dort war Crewwechsel, dann weiter nach Esmeraldas / Ecuador. Dort bin ich ausgestiegen. Mit dem Bus wurden wir zu einem kleinen Flugplatz gebracht und flogen nach Quito. Dort hatten wir zwei Tage Aufenthalt, um dann nach Europa zu fliegen. In Quito habe ich geglaubt, ich kratze ab, und der Teufel holt mich. Durch den plötzlichen Höhenunterschied und die dünne Luft spielte mein Kreislauf verrückt. Nach ein paar Cuba Libre ging es mir wieder gut.
Ende Januar flog ich nach Singapur und stieg auf der NARICA ein. Deutsche Shell - als Schiffsbetriebsmeister angemustert in Hamburg am 15.05.1885, abgemustert am 25.06.1985 in Göteborg.
Auf dem Tanker ELONA hatte ich meinen zweiten Einsatz vom 2.09.1985 bis zum 8.11.1985: 2 Monate, 27 Tage.
Als ich am 25. Mai 1986 in Rio Haina / Dominikanische Republik zum fünftenmal auf der ENSIS einstieg, wusste ich noch nicht, dass dies meine letzte Reise sein würde.
Ich flog mit einigen anderen Besatzungsmitgliedern von Hamburg nach Zürich und weiter nach Miami in Florida / USA. Von dort sollten wir weiterfliegen nach Panama City. Über Miami war gerade eine Gewitterfront und wir konnten nicht landen. Als der Sprit zur Neige ging, flogen wir nach Orlando, um aufzutanken. Wieder in Miami, mussten wir nochmals eine Stunde in der Luft verbringen. Inzwischen war unser Anschlussflug nach Panama aber schon gestartet. Der 1. Offizier unterrichtete nach der Landung telefonisch die Reederei. Wir sollten unsere Tickets umbuchen und nach Santo Domingo fliegen. In Santo Domingo angekommen, mussten wir noch drei Tage auf unser Schiff warten, bis wir einsteigen konnten. Nach dem Löschen der Ladung sollten wir nach Saint Croix (Jungferninsel) fahren. Die Tanks mussten heiß gewaschen werden, um eine hochwertige Schmierölladung zu übernehmen und nach Japan zu bringen. Daraus wurde nichts. Als der Hafenkapitän dieser schönen Ferieninsel unser vergammeltes Rostschiff sah, befahl er dem Kapitän über Funk, erst gar nicht in seinen Hafen einzulaufen. Nach der Inspektion auf Reede bekamen wir auch die Schmierölladung nicht. Nun liefen die Drähte heiß: Hamburg – London – Saint Croix. Warum – weshalb – wieso? Das Schiff war in Kanada im Winter gebaut worden und anscheinend hatte man bei Frost die Tankbeschichtung aufgebracht. Die Beschichtung war nicht mehr an den Tankwänden, sondern lag im Tank. Wir haben anschließend drei Wochen lang geschuftet, um den Dreck aus den Tanks zu fegen, an Deck zu bringen und die Tanks auszuwischen. Die Ladung haben wir trotzdem nicht bekommen.
Wir bekamen Order, Flugbenzin in Porto Cardon zu laden und dieses auf verschiedenen Karibikinseln zu löschen. Zuerst fuhren wir zu den Bahamas, dort wollte man den Stoff nicht haben, weil zu viel Rostpartikel im Benzin schwammen. Dann ging es nach Barbados, dort nahmen sie uns das Benzin auch nicht ab, danach nach Kingston auf Jamaika, drei Wochen lagen wir dort, jeden Tag kamen die verschiedensten Fluggesellschaften und holten sich eine Probe. Auch diesen Hafen mussten wir unverrichteter Dinge verlassen. Anschließend fuhr das Schiff zu den Bermudas, auch dort wurden Proben genommen.
Da es vor dieser Insel keinen Ankergrund gibt, mussten wir auf See hinaus, trieben aber durch die Strömung immer wieder auf die Insel zu. Dort ging jedes Mal irgendein Alarm los und man schickte uns nach zwei Wochen weg, ohne dass wir einen Liter Benzin gelöscht hätten. Koch und Kapitän kauften auf dieser Insel, auf der nichts wächst und wo alles eingeführt werden muss, Proviant ein. Champignons aus China, Äpfel aus Washington, Salat aus Florida, usw. Entsprechend hoch war auch der Preis. Als der Alte die Rechnung erhielt, mussten wir einen großen Teil des Proviants wieder entladen, weil dieser zu teuer war.
Mit der Ladung fuhren wir nach Nova Scotia in Kanada, um diese zu löschen. Dort wurde das Benzin in einer Raffinerie gereinigt. Hier hätte man preisgünstig und frisch Proviant einkaufen können, was aber nicht geschah. Es kamen nur 2 mal 24 Becher Joghurt und einige Tüten Milch an Bord. Ich war selber an Land, um mir etwas Wurst, Käse und Obst einzukaufen und konnte mich in den Markthallen umsehen.
Anschließend fuhren wir nach Algerien, dort wollte unser Koch dann zuschlagen und einkaufen. Außer Wüstensand und Öl gab es nichts. Von Algerien aus fuhren wir nach Spanien, wo wir diesen Koch endlich los wurden. Es kamen ein neuer Koch, der sein Handwerk verstand, und frischer Proviant an Bord. Wir haben nicht gegessen, sondern gefressen.
Ein Kollege hatte eine dichterische Ader und hat folgendes Gedicht verfasst, welches wir unserem Koch jeden Tag bis zu seiner Abmusterung in Spanien an seine Kammertür klebten.
Die Seefahrt – Einsamkeit und Meer
und jede Arbeit meistens schwer.
Die lange Trennung von zu Haus,
das alles macht ne Menge aus.
Um trotzdem manchmal froh zu sein,
das danken wir dem Koch allein.
Denn der, auch Smutje er genannt,
hat unsre Laune in der Hand.
Auf einem Schiff, wo gut gekocht,
hat jeder – jeden gern gemocht.
Schon immer war es so gewesen,
ein satter Mensch – ein friedlich Wesen.
Doch manchmal, dann erlebt man’s doch,
dass ein Arschloch wird gemacht zum Koch.
Der manscht den guten Proviant,
als hätt’ er Scheiße in der Hand.
Man spürt den Hunger, stellt sich an,
schaut auf den Teller – und was dann?
Der Abfalleimer groß – noch leer,
der füllt sich immer mehr und mehr.
Das faulste Schwein an Bord ist nun,
der Darm, denn er kriegt nichts zu tun.
Wir kacken nur mehr kleine Haufen,
statt essen, tun wir meistens saufen.
Und nur der Koch kann nicht verstehen,
dass viele nicht mehr essen gehen.
Denn er hält sich ja immer noch,
für Shell-Tankers allerbesten Koch!
Von Franz Supancic
In Spanien erfuhren wir auch das erste Mal durch die Inspektion, dass die Reederei vor habe, ihre Schiffe auszuflaggen.
DEUTSCHE SHELL TANKER GESELLSCHAFT MBH
An 15.09.1986
Herrn
Wolfgang Schwuchow
Ausflaggung der DSTG-Flotte
Sehr geehrter Herr Schwuchow!
Wir kommen zurück auf unsere Mitteilungen an alle Mitarbeiter, in denen wir Sie über die Notwendigkeit zur Umstrukturierung der Flotte unterrichten.
Als weitere Information erhalten Sie heute ein Vertragsmuster und eine Heuertafel, die den künftigen Konditionen entsprechen, wie sie zu gegebener Zeit von der zypriotischen Shell Gesellschaft angeboten werden.
Zur Klärung des bestehenden und zukünftigen Arbeitsverhältnisses möchten wir Sie um Ihre Entscheidung zu den Fragen gemäß beigefügter Anlagen bitten, die für sich selbst sprechen.
Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen gern zur Verfügung und danken Ihnen für eine zügige und fristgerechte Erledigung.
Mit freundlichem Gruß
DEUTSCHE SHELL TANKER-GESELLSCHAFT MBH
Anlagen
Unsere Kündigungen bekamen wir im Dezember 1986 zugeschickt, gekündigt zum 31. März 1987:
DEUTSCHE SHELL TANKER GESELLSCHAFT MBH
EINSCHREIBEN 12.12.1986
Herrn
Wolfgang Schwuchow
Christiana Reuther-Str. 50
8670 Hof
Ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrter Herr Schwuchow,
wir kündigen Ihnen das Arbeitsverhältnis zum nächstzulässigen Termin. Das ist der
31.03.1987
Die Rechte des Betriebrates vor Ausspruch der Kündigung sind gewahrt.
Die Kündigung erfolgt aus betriebsbedingten Gründen wegen Schiffsverkauf in das Ausland.
Der noch ausstehende Urlaubsanspruch wird innerhalb der Kündigungsfrist gewährt. In der Zeit von Urlaubsende bis zum Ablauf der Kündigungsfrist werden Sie von der Arbeit freigestellt. Urlaubsansprüche, die in der Zeit der Freistellung erworben werden, gelten ausdrücklich als gewährt innerhalb der Freistellung. Besteht Anspruch auf Umschaufrist gemäß § 75 MTV, so gilt diese innerhalb der Kündigungsfrist und in Verbindung mit der Freistellung soweit anrechenbar ebenfalls als gewährt.
DEUTSCHE SCHELL TANKER-GESELLSCHAFT MBH
Die „Shell“
von Franz Supancic
Vorher
Der Shell wir einst die Treue geschworen,
so manches Muschelkind wurde geboren.
Selbst Häuschen wurden dann gebaut,
mit Schulden, doch man hatte sich getraut.
Was soll es, wir fahren doch bei Shell,
die Zukunft ist für uns ganz hell!
Die „Neuen“ wollten nie verstehen,
dass wir für Shell durchs Feuer gehen.
Dass wir uns quälen und uns plagen,
uns sorgen und uns selber jagen,
dass wir echt unser Letztes geben,
wir machen es, die Shell soll leben.
So mancher deutsche Reedersmann,
hing achtern fremde Flaggen dran.
Von Jahr zu Jahr wurde es schlimmer,
bei Shell passiert das nie und nimmer.
natürlich war der Job nie leicht,
wenn man so hört, wenn man vergleicht.
Doch all dies nahm man gern in Kauf,
die Shell legt uns ja Märker drauf.
Die Muschel gab uns nicht nur Kohle,
sie sorgte auch zu unserm Wohle.
So schuften wir für „uns’re“ Shell,
dafür bleibt unsre Zukunft hell!
Nachher
Jetzt ist’s passiert, jetzt hat’s geknallt,
aus Hamburg laut das Echo schallt.
Zwar unklar noch – und unverständlich,
es klingt wie Shell – und wie vergänglich.
Die Shell-Tank, so kann man vernehmen,
tut sich nach fremder Flagge sehnen.
Das wär’ für uns noch zu ertragen,
doch hört man noch was Andres sagen.
Die Flaggen und auch die Tarife,
verschwinden in der dunklen Tiefe.
Mit ihnen das Gesetz, der Schutz,
es bleibt des Reeders Eigennutz.
Mit Hilfe Kohl`s und der christlichen Partei,
kommt auch für uns die Not herbei.
Wie immer wir uns auch entscheiden,
so, oder so – wir müssen leiden.
Wer bleibt, trägt schwer am Risiko,
soziale Sicherheit – und so.
Gesetz aus tiefstem Afrika,
wo Menschenwürde niemals war.
Doch hat man sich zum Geh’n entschlossen,
ist Elend – Not nicht ausgeschlossen.
Im Gegenteil, es ist noch schlimmer,
es gibt fast keinen Hoffnungsschimmer.
Arbeitslos und viel zu zahlen,
man wagt es sich nicht auszumalen.
Wer heut sein Haus noch nicht bezahlt,
der wird darin bestimmt nicht alt.
Mit Hilfe Kohl`s – und auch der Shell,
musst du da raus – und zwar ganz schnell!
und die Moral von der Geschicht –
trau keinem deutschen Reeder nicht!!!
* * *
Am 18. September 1986 musterte ich das letzte mal ab und ging in Urlaub. Während meines Urlaubes bekam ich von der Reederei einen Fragebogen, eine Mitteilung über die Ausflaggung der DSTG-Flotte sowie Musteranstellungsvertrag bei SSCC und eine Heuertafel zugeschickt.
Ca. 3 Jahre bin ich noch als Schiffsbetriebsmeister gefahren. 1987 wurden alle Schiffe der DSTG ausgeflaggt, und wir wurden unseren Job los. Die Schiffe wurden wieder konventionell gefahren wie seit Jahrhunderten vorher, nur diesmal mit philippinischer Besatzung.
Insgesamt wurden 177 Seeleute auf einen Schlag arbeitslos:
Herr Wolfgang Schwuchow... war vom 28.09.1979 bis zum 21.06.1983 als Lagerhalter und ab 22.06.1983 bis zum 19,09,1986 als Schiffsbetriebsmeister auf unseren Motor- und Turbinentankern beschäftigt. Bei diesen Schiffen handelt es sich um Turbinen- und Motortanker von 10.000 bis 36.000 PS (31.000 bis 317.000 tdw Tragfähigkeit) im weltweiten Einsatz.
Herr Schwuchow wurde uns während seiner Tätigkeit als Lagerhalter und später auch als Schiffsbetriebsmeister als energischer und zielbewusster Mitarbeiter geschildert, der viel Engagement, Fachwissen und sehr viel Interesse an seiner Arbeit zeigte. Ihm wurde ferner bescheinigt, dass er in der personellen Betriebsführung sowie in den allgemeinen Sachkenntnissen des gesamten Schiffsbetriebes Ergebnisse erzielte, die weit über dem Durchschnitt lagen.
Sein Aufgabengebiet umfasste die Instandhaltung, Wartung und Reparatur an Kesseln, Turbinen, Pumpen sowie Kühl- und Klimaanlage und den Decksbereich.
Herr Schwuchow war stets pünktlich und korrekt und hatte ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Untergebenen.
Das Arbeitsverhältnis endet mit dem 31.03.1987 aus betriebsbedingten Gründen (Schiffsverkauf).
Wir können Herrn Schwuchow jederzeit weiterempfehlen und und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.
DEUTSCHE SCHELL TANKER-GESELLSCHAFT MBH
Hamburg, den 16.02.1987
- - - Das war es dann! - - -
Maritime books in German language: fates of international sailors
Los libros marítimos en el idioma alemán: los destinos de marineros internacionales:
amüsant und spannend wird über das Leben an Bord vom Moses bis zum Matrosen vor dem Mast in den 1950/60er Jahren, als Nautiker hinter dem Mast in den 1970/90er Jahren berichtet
Telefon: 040-18 09 09 48- Anrufbeantworter nach 30 Sekunden -
Fax: 040 - 18 09 09 54
Bestellungen am einfachsten unter Angabe Ihrer Anschrift per e-mail:Kontakt
Bücher in der gelben Buchreihe" Zeitzeugen des Alltags" von Jürgen Ruszkowski: Wenn Sie an dem Thema "Seeleute" interessiert sind, gönnen Sie sich die Lektüre dieser Bücher und bestellen per Telefon, Fax oder am besten per e-mail: Kontakt:
Meine Bücher der gelben Buchreihe "Zeitzeugen des Alltags" über Seeleute und Diakone sind über den Buchhandel oder besser direkt bei mir als dem Herausgeber zu beziehen, bei mir in Deutschland portofrei (Auslandsporto: ab 3,00 € )
Bestellungen am einfachsten unter Angabe Ihrer Anschrift per e-mail:Kontakt
Sie zahlen nach Erhalt der Bücher per Überweisung.
Maritime books in German language: fates of international sailors
Los libros marítimos en el idioma alemán: los destinos de marineros internacionales:
Los libros en el idioma alemán lo enlatan también, ( + el extranjero-estampilla: 2,70 €), directamente con la editor Buy de.
Bestellungen und Nachfragen am einfachsten über e-mail: Kontakt
Wenn ich nicht verreist bin, sehe ich jeden Tag in den email-Briefkasten. Dann Lieferung innerhalb von 3 Werktagen.
Ab und an werde ich für zwei bis drei Wochen verreist und dann, wenn überhaupt, nur per eMail: Kontakt via InternetCafé erreichbar sein!
Einige maritime Buchhandlungen in Hamburg in Hafennähe haben die Titel auch vorrätig: